Endometriose und Kinderwunsch
Die Schwangerschaft oder auch der Kinderwunsch ist mit Endometriose noch einmal ein ganz besonderes Kapitel. Nicht selten kommt unweigerlich auf die Diagnose die Frage nach dem Kinderwunsch. Immer noch wird Frauen, unabhängig von Beziehungsstatus oder Kenntnisse über die soziale Situation eine Schwangerschaft als Lösung bei Endometriose präsentiert.
„Bekommen Sie einfach ein Kind, dann haben Sie erstmal keine Symptome mehr.“
Wie viel solche unüberlegten Aussagen oft bei den Endometriosebetroffenen anrichten scheint vor dem Hintergrund der Erkrankung erst einmal sekundär.
Dabei ist Schwangerschaft, egal ob mit oder ohne Endometriose definitiv ein Reizthema. Zu groß ist die Gefahr in ein Fettnäpfchen zu treten und Menschen zu verletzen.
Dein Körper deine Entscheidung
Alleine die Frage danach, ob man überhaupt Kinder haben möchte scheint viele Interessenten mit auf den Plan zu rufen. Menschen denen es gar nicht zusteht darüber zu urteilen, ob du jetzt ein Kind bekommst oder nicht. Die Frage ob Ja oder Nein, jetzt oder später, nicht zu früh, aber auch nicht zu spät scheint nur schwer richtig zu beantworten sein.
Irgendeiner in deinem Umfeld wird immer schreien, dass es zu früh, zu spät, zu unsicher oder zu irgendwas sei. Also versuche dich einen Moment frei von allen Erwartungen zu machen und schaue einfach mal in deine Zukunft, als wäre da keine Endometriose und es hätte sich alles so entwickelt wie du es dir wünscht.
Siehst du dich mit einem Kind? Ja, sehr schön, dann weißt du, dass du dir grundsätzlich Kinder vorstellen kannst. Ob es deine leiblichen, adoptierte oder angeheiratete Kinder ist bei dieser Frage erstmal nicht so wichtig. Es geht wirklich nur um das Ja oder Nein. Du siehst da keine Kinder in deiner Zukunft? Auch wunderbar.
Egal was deine Antwort ist, stell dich mit breiter Brust hinter deine Aussage und leg dir die passenden Antworten für potenzielle blöde Fragen bereit. Passende schlagfertige Antworten habe ich übrigens hier gesammelt.
Kann ich mit Endometriose schwanger werden?
Die große Frage die sich Endometriosekämpfer*innen immer wieder stellen lautet: Kann ich trotz Endometriose schwanger werden?
Die Antwort ist meistens ziemlich unbefriedigend: Es hängt von vielen Faktoren ab.
Erst einmal sollte natürlich deine Gebärmutter mit einem oder zwei Eierstöcken, Gebärmutterhöhle und Co. noch vorhanden sein. Mit einer der größten Faktoren für eine natürliche Schwangerschaft ist die Durchgängigkeit deiner Eileiter. Kann hier kein Ei durchwandern ist eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg nicht möglich. Diese Herausforderung kann aber in einigen Fällen durch einen operativen Eingriff behoben werden.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2010 scheinen 30 bis 50 % aller von Endometriose Betroffenen eine eingeschränkte Fruchtbarkeit zu haben oder sogar unfruchtbar zu sein. Bedeutet nur maximal die Hälfte aller Menschen mit Endometriose haben, bedingt durch die Endometriose, Probleme innerhalb eines Jahres mit regelmäßig ungeschütztem Geschlechtsverkehr schwanger zu werden.
Aber auch ein Jahr ohne den gewünschten Erfolg muss nicht bedeuten, dass es unmöglich ist schwanger zu werden. Und auch hier müssen wir immer beachten, dass zu einem Kinderwunsch immer auch noch der potenzielle Vater oder auch Samenspender gehört. Während bei einer Samenspende die „Qualität“ der Spermien gesichert ist sollte auch der potenzielle Vater auf seine Gesundheit achten, um den Kinderwunsch zu unterstützen.
Wie kann sich die Endometriose auf den Kinderwunsch auswirken?
Da Endometriose und auch Adenomyose nicht automatisch unfruchtbar macht kann dich erstmal ein bisschen beruhigen. Es kann aber durchaus sein, dass deine Endometriose es dir schwerer macht dir deinen Kinderwunsch zu erfüllen. Wie das alles schlussendlich zusammenhängt und wann es schwieriger oder leichter sein kann dir deinen Kinderwunsch zu erfüllen ist genauso individuell wie deine Endometriose selbst.
Faktoren die den Kinderwunsch behindern könnten sind ein gestörter Ablauf deines Zyklus (Zyklusstörungen), Verklebungen oder Verwachsungen insbesondere an den Eileitern und der Gebärmutter, Entzündungen, Reaktionen des Immunsystems oder auch Endometriosezysten. Diese Faktoren können, müssen aber nicht, unabhängig von der Endometriose den Kinderwunsch beeinflussen.
Unterstütze deinen Zyklus
Allgemein ist ein reibungslos ablaufender Zyklus die beste Voraussetzung für die Erfüllung des Kinderwunsches. Gerade bei Endometriose gibt es ein paar Dinge die deinen Zyklus stören können. Zum einen den Östrogenüberschuss der mit der Endometriose in Verbindung zu stehen scheint.
Unser Zyklus lebt von einem Auf und Ab der Hormone, wenn eine Gruppe, wie zum Beispiel die Östrogene aus dem Gleichgewicht sind, kann sich das negativ auf den gesamten Ablauf auswirken. Dann kann auch im Eierstock eingewachsenes Gewebe den Zyklus, die Eireifung oder auch den Eisprung stören und auch Entzündungen im Bauchraum, oder eine gestörte Darmflora, Stress, Hormone über Kosmetika, Plastik oder Pestizide sowie eine für dich individuell falsche Ernährung können deinen Zyklus negativ beeinflussen.
Wenn durch einen Endometrioseherd oder durch eine Verklebung im Eileiter keine Verbindung zwischen deinem Eierstock und der Gebärmutter besteht wird es meistens schon schwerer schwanger zu werden, bzw. das Ei zu befruchten. Wird das Ei befruchtet und möchte dann zur Einnistung in die Gebärmutter wandern, kann es sein, dass es die Engstelle die durch die Verklebung oder Verwachsung entstanden ist nicht passieren kann und die Einnistung quasi im Eileiter erfolgt. Dann haben wir eine Eileiterschwangerschaft die zu weiteren Komplikationen führt. Aber auch eine Engstelle muss nicht bedeutet, dass es zwangsläufig zu einer Eileiterschwangerschaft kommen muss.
Chronische Entzündungen und Kinderwunsch
Entzündungen, also meist lokale Abwehrreaktionen des Immunsystems deines Körpers auf einen negativen Einfluss von Innen oder Außen, können viele Gründe haben. Unverträglichkeiten, Intoleranzen, Allergien, Viren, Bakterien oder auch Verletzungen können Entzündungsprozesse im Körper hervorrufen.
Diese Reaktion, die deinen Körper eigentlich schützen soll kann aber auch deine Fruchtbarkeit beeinflussen, vorallem wenn sie wie bei der Endometriose chronisch – also dauerhaft – den Körper herausfordert. Nicht nur, dass Entzündungen dein eigenes Körpergewebe beeinflussen können, sie können dadurch auch dafür sorgen, dass zum Beispiel auch Spermien es nur schwer zur Eizelle schaffen.
Einen Einfluss dabei hat die Flüssigkeit in deinem Bauchraum (Peritonealflüssigkeit). Wird die durch Entzündungsbotenstoffe verändert, kann das nicht nur Einfluss auf das Überleben der Spermien haben, sondern auch darauf, ob du einen Eisprung hast oder nicht.
Dieser Vorgang ist von unserem Körper eigentlich ziemlich klug, denn wenn er schon viel mit den Entzündungen zu tun hat könnte eine Schwangerschaft möglicherweise zu anstrengend werden. Daher kann es auch hier helfen zum Beispiel mit der richtigen Ernährung gegen die Entzündungen anzugehen.
Zysten und Kinderwunsch
Ein weiterer Faktor sind mögliche Zysten die durch die Endometriose entstehen können. Aber auch das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) kann durch das Ausbilden einer oder mehrere Zysten dazu führen, dass Eierstockgewebe verdrängt wird und auch mehr Entzündungen entstehen können. Manche Zysten lösen sich im Laufe des Zyklus wieder von alleine auf. Bei über mehrere Zyklen bleibende und wachsenden Zysten wird dann je nach Größe irgendwann eine Operation unumgänglich, um den Kinderwunsch mit zu unterstützen.
Ernährung bei Kinderwunsch und Endometriose
Du merkst, es hängt alles irgendwie zusammen. Bedeutet aber auch, wenn wir an einer Stelle ansetzen kann es oft auch helfen die anderen Bereiche positiv zu beeinflussen. Gerade was Entzündungen im Körper angeht kann es helfen die Ernährung antientzündlich (also gegen Entzündungen) aufzubauen. Das kann für Jede und Jeden etwas anderes bedeuten. Manche müssen vorsichtiger sein bei ihrer Lebensmittelauswahl, manche können aus den Vollen schöpfen und müssen keine Rücksicht auf mögliche Unverträglichkeiten oder Trigger von außen nehmen.
Deine Therapie bei Kinderwunsch und Endometriose
Je nachdem ob du direkt in die Umsetzung des Kinderwunsches gehen möchtest, noch ein bisschen warten möchtest oder vielleicht gar keine Kinder möchtest solltest du für dich die richtige Therapie wählen. Und richtig meint in diesem Fall wirklich nur, richtig für dich.
Gerade wenn du eigentlich direkt in die Kinderwunschumsetzung gehen möchtest sind langfristige Therapie mit Hormonen erst einmal nicht das Mittel der Wahl. Da geht es dann viel häufiger darum den natürlichen Zyklus bestmöglich zu unterstützen und auch deinem Körper mit der Endometriose so gut es geht zu helfen.
Dazu wird oft eine „Sanierung“ empfohlen, um dann entweder auf künstlichem oder auch natürlichem Weg im Anschluss schwanger zu werden. Bei der „Sanierung“ werden durch einen operativen Eingriff Endometrioseherde und potenzielle Verwachsungen entfernt, damit diese dem Kinderwunsch nicht mehr im Wege stehen. So kann zumindest weitestgehend ausgeschlossen oder getestet werden, ob zum Beispiel Zysten, Verwachsungen oder Verklebungen die Schwangerschaft verhindern können.
Danach geht es dann entweder darum den natürlichen Zyklus so gut es geht zu unterstützen. Hier kann auch die Anpassung der Ernährung helfen den Körper zu unterstützen. Natürlich ist Ernährung auch nicht alles und beim Kinderwunsch bei Endometriose nur ein weiteres Rädchen in einer großen Maschinerie, die deinem Körper hilft sich auf diese große Aufgabe vorzubereiten.
Die Erfüllung deines Kinderwunsches kann auch damit zusammenhängen wo deine Endometriose sitzt oder du vielleicht sogar eine Adenomyose hast. Daher ist es wichtig, dass du mit deinen Ärztinnen und Ärzten über deinen Kinderwunsch sprichst, um die bestmögliche Behandlungsoption für dich zu finden. Hierbei kann es helfen nach Empfehlungen im Netz (jameda, Seite der Endometriose-Vereinigung oder Endo-App) oder auch in Selbsthilfegruppen und anderen Betroffenen zu schauen.
Aber Vorsicht!
Wenn du dich damit auseinandersetzten möchtest, wie du dir deinen Kinderwunsch mit Endometriose erfüllen kannst kursieren im Netz und auch auf Seiten von Kinderwunschzentren immer wieder reißerische Aussagen, die teilweise Ängste schüren und so noch mehr Stress in die Situation Kinderwunsch bringen und schlichtweg Falschaussagen, wie, dass es sich bei Endometriose um Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter handelt.
Um diese Aussage kurz richtig zu stellen: Bei Endometriose handelt es sich um Gewebe, dass dem der Gebärmutter ähnelt, es darf aber nicht gleichgesetzt werden.
Findest du solche Informationen auf Infomaterial oder auch Homepages, lass dich von weiteren reißerischen Aussagen nicht verrückt machen. Hier hat wahrscheinlich jemand nicht richtig recherchiert bevor er den Text zur Homepage geschrieben hat oder das Kinderwunschzentrum ist nicht auf Endometriose spezialisiert und du vielleicht in diesem Fall nicht die richtige Anlaufstelle für dich.
Kinderwunschbehandlung bei Endometriose
Wenn du dann aber die richtige Anlaufstelle für deinen Kinderwunsch gefunden hast, stellt sich oft die Frage ob – wenn du einen Kinderwunschbehandlung machen möchtest – durch intrauterine Insemination (Einbringen der Spermien in die Gebärmutter) oder In-vitro-Fertilisation (Einsetzen der im Labor befruchteten Eizelle in die Gebärmutter)?
Bei beiden Verfahren wird oft mit mehr oder weniger mit künstlichen Hormonen gearbeitet um deinen Körper zu unterstützen. Welches Verfahren das richtige für dich ist, solltest du (beziehungsweise ihr) gemeinsam mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten auf Basis deiner Endometriose entscheiden. Auch hier gibt es kein Vorgehen, dass für alle empfohlen werden kann.
So oder so kann es aber nie schaden die mit der richtigen Ernährung auf diesen potenziell neuen Lebensabschnitt Schwangerschaft vorzubereiten. Mehr Infos dazu findest du im Beitrag zur Schwangerschaft bei Endometriose.
Deine Nicole